Kolumnen von Benedikt Weibel

Eine Lanze für die Schweizerische Berufsbildung

"Swiss Equity Magazin" 12/10

Neulich war ich auf einem gut besetzten Podium und da passierte etwas, was solchen Veranstaltungen normalerweise nicht förderlich ist: Wir waren alle der gleichen Meinung. Es ging um den Wert der dualen Ausbildung und wir sangen gemeinsam das Hohelied der Beruflehre, der Berufsmatur und der Fachhochschulen. Die Direktorin des Bundesamtes für Berufsbildung und Technologie erzählte, sie hätte eben ein Telefon aus Südkorea erhalten. Man habe sich erkundigt, warum die Schweiz an der Spitze der Weltrangliste der Wettbewerbsfähigkeit stehe, obwohl nur 20 Prozent der Schulabgänger an einer Universität studierten. Darum, lautet die Antwort. Die anwesenden Unternehmer waren sich einig, dass sie unter zwei gleichaltrigen Bewerberinnen, die eine mit Berufslehre und Fachhochschule, die andere mit Universitätsabschluss ohne nennenswerte Praxis, die erstere wählen würden. Eine Studie über den Logistikcluster Basel zeigt, dass zwischen der Schweiz und Frankreich ein deutliches Qualitätsgefälle in der Ausbildung besteht, weil eine im dualen System ausgebildete Speditionsfachkraft einem französischen Studienabgänger haushoch überlegen ist.

Einig waren wir uns auch in der Ablehnung des Trends zur zunehmenden Akademisierung. Der Fokus der Diskussion richtete sich auf die Fachhochschulen. Die Fachhochschulen wollten sich neu als 'Hochschulen ohne Fach' positionieren, als Institutionen der Wissenschaft, Forschung betreibend und mit einer unglaublich breiten Angebotspalette. Das sei gefährlich. Einerseits könnten die Fachhochschulen damit ihre eigentliche Stärke, die Praxisorientierung, verlieren. Anderseits positionierten sie sich so nahe bei den Universitäten, dass ihre USP verwischt würde. Die Fachhochschulen würden nur noch als Schmalspur-Universitäten wahrgenommen. Es gibt an den Fachhochschulen auch Professoren für Marketing. Die müssten wissen, dass der Schlüssel zur Profilierung die Differenzierung ist, nicht die Annäherung.

Gegen Ende der Diskussion schlich sich auf dem Podium ein resignativer Unterton ein. Leider könnten wir uns dem Kopenhagen - Prozess, welcher die Berufsbildung international normieren will, nicht entziehen.

In der Zwischenzeit hat Avenir Suisse eine Studie zu dem Thema publiziert. In der Schweiz fehle es an Hochqualifizierten, ist die zentrale These. Wer tiefer gräbt, stellt fest, dass es dabei um technisches und naturwissenschaftliches Personal geht. Das aber ist just nicht ein Problem des dualen Systems, sondern ein Imageproblem dieser Berufsbilder, ein Problem, das wohl mit unserem Wohlstand zusammenhängt. Es fällt jedenfalls auf, wie in osteuropäischen und asiatischen Ländern mit Stolz verkündet wird, wie viele Ingenieure ausgebildet werden, während hier der Sog von Juristerei, Psychologie, Betriebswirtschaft, Medienwissenschaften und Ähnlichem ungebrochen ist.

Wir beschwören bei jeder Gelegenheit unsere Unabhängigkeit und den spezifischen Schweizer Weg. Stehen wir dazu und lassen wir uns durch Kopenhagen nicht gängeln. Swiss Made ist ein starkes Label, auch in der Berufsbildung!

Benedikt Weibel