Kolumnen von Benedikt Weibel

Aus einem Ackergaul ein Rennpferd machen?

"Persönlich" 1. Dezember 2010

Kann man ein Image verändern? Ja, es lässt sich sehr schnell und nachhaltig verschlechtern. Ein Image verbessern oder sich gar neu positionieren, das ist eine ganz andere Geschichte. Opel, der Inbegriff der Langweiligkeit, hat es mit dem Manta versucht und damit eine Witzfigur kreiert. VW wollte ins Premiumsegment, auch nicht mit durchschlagendem Erfolg. Einzig Audi hat es geschafft, dafür aber Jahrzehnte gebraucht.

Es gibt grundsätzlich zwei Möglichkeiten. Man kann eine Positionierung akzeptieren und daraus ein Geschäft machen. Das ist der einfache Weg. Es gibt nämlich auch für langweilige Produkte interessante Märkte. Viel schwieriger und aufwendiger ist es, sich in eine Wunschpositionierung zu verschieben. Besonders anspruchsvoll ist das Upgrading vom Durchschnitt ins Premiumsegment.

Nun versucht eine Modekette das fast Unmögliche. Ihr heutiges Profil ist Durchschnitt, etwas langweilig, eher billig, sicher nicht trendy. Eine rigorose Neupositionierung Richtung Premium soll aus den roten Zahlen führen und den dahindümpelnden Aktienkurs beleben. Wie bei unzähligen anderen Marken wird dafür Celebrity Marketing bemüht. Man wundert sich ohnehin, dass einem im Fashion Business immer die gleichen Models in immer der gleichen Pose entgegenblicken. Celebrity Marketing ist vor allem teuer, der Nutzen höchst zweifelhaft. Dafür darf der CEO beim Fotoshooting dabei sein.

Zweites Element dieser Neupositionierung ist die Eröffnung von Flagship Stores. Auch nicht eben originell. Was vom Begriff her für Exklusivität steht, will einfach nicht so recht zu unserer biederen Marke passen. Deshalb muss man in der Werbung ausdrücklich darauf hinweisen, dass es sich bei den neuen Geschäften um Flagship Stores handle. 'Alles, was im Hirn keine Emotionen auslöst, ist wertlos', heisst es. Diese Kampagne löst primär Irritationen aus.

Das Schöne ist, dass so viel Ideenlosigkeit Raum für die echt Kreativen schafft. Zum Beispiel bei Tony Hilfiger. Die Kampagne mit der Hilfiger Family ist einzigartig und ein Meisterstück der Differenzierung einer Zielgruppe. Wenn ich sie anschaue, dann geht mir ein ganzer Film durch den Kopf, Emotionen eben.

Wer sich im modischen Business bewegt, tut gut daran, eine elementare Wahrheit zu beherzigen: 'Moden hangen mit Trends zusammen. Entweder macht man die oder man rennt ihnen nach. Das erste beherrschen nur ganz, ganz wenige'. Eine Mode wird meist obsolet, wenn sie im Mainstream angekommen ist. Als der 'Blick' entdeckte, dass eine Bundesratsgattin ein Tattoo trug, titelte er lakonisch 'Frau X trägt ein Tattoo, die Tattoo Mode ist vorbei'. Nach der jüngsten Flagship Store Eröffnung liegt der Schluss nahe: auch diese Mode ist vorbei.

Der Spruch ist uralt: 50 Prozent der Werbung ist hinausgeworfenes Geld, man weiss nur nicht welche Hälfte. Manchmal sind es auch 100 Prozent.

Benedikt Weibel