Kolumnen von Benedikt Weibel

Unangenehmes gut verpacken

"Persönlich" 1. März 2010

Eine gute Nachricht kann man zwar auch schlecht kommunizieren, ein grosses Unglück ist das meistens nicht. Deshalb sollte man sich, bevor man überhaupt an die Kommunikation denkt, darauf konzentrieren, gute Nachrichten zu produzieren. Trotzdem: leider ist es ein Faktum, dass Murphy’s Law existiert oder wie man auch zu sagen pflegt 'sh.. happens'.

Es ist spannend und aufschlussreich, zu beobachten, wie unangenehme Nachrichten kommuniziert werden. Wer dem Grundsatz der Offenheit verpflichtet ist, der geht die Sache frontal an. Fakten präsentieren, interpretieren, Lehren ziehen. Das war die Strategie des unvergesslichen Bundesrates Willi Ritschards. Die Solothurner Regierung pflegte sich mit Anhang von einer Energieunternehmung zu grösseren Reisen einzuladen zu lassen. Die Medien kriegten Wind davon und lancierten eine Kampagne mit dem Titel 'Spanienreisli'. Willi Ritschard konterte umgehend: 'I ha ä Seich gmacht'. Ende der Story. Er hat damit nicht nur eine Kampagne verhindert, sondern seine Glaubwürdigkeit noch erhöht.

Das war noch in einer Zeit ohne grosse, teure und omnipräsente PR-Agenturen oder wie man sie ganz böse nennt, bezahlte Schönschwätzer. Heute stehen andere Strategien im Vordergrund. Besonderst beliebt ist es, schlechte Nachrichten auf äussere, nicht beeinflussbare Einflüsse zurückzuführen . Mit der Finanz- und Wirtschaftskrise stehen zurzeit wasserfeste Argumente zur Verfügung. Eine andere weit verbreitete Methode ist die Verwendung von Euphemismen, Wörtern, die 'einen Sachverhalt beschönigend, verhüllend oder verschleiernd darstellen'. So werden zum Beispiel hoch spekulative Anlagen, mit denen man Unsummen verspielt hat, harmlos als 'strukturierte Kollektivprodukte' bezeichnet. Ein schlecht geplantes und geführtes Projekt muss mit beträchtlichen Folgekosten abgebrochen werden. Die Erläuterungen dazu finden sich im Kleingedruckten unter dem Kapitel Abschreibungen. Die dritte Möglichkeit besteht darin, schlechte Nachrichten elegant zu verpacken. Zuerst wird über neue Produkte berichtet, dann über die Erfolge im Stammgeschäft und schliesslich, quasi als Fussnote, noch über einen unglücklicherweise eingefangenen Wermutstropfen.

Tausende Kommunikationsberater verpacken Nachrichten in Watte und geben noch etwas Schlagrahm mit einer Kirsche oben drauf. Sie beherrschen ihr Handwerk. Selten, dass die Medien das Spiel erkennen und die Story, die dahinter steht. Man kann allerdings auch zu weit gehen. Eine krude Methode ist das Ansetzen einer Medienkonferenz am Freitag-Nachmittag, im Wissen darum, dass die Journalisten der Tageszeitungen schon fast im Wochenende sind und in der Hoffnung, dass die Nachricht unter vermischte Meldungen fällt. Da ist allerdings das Risiko gross, dass sich die alte Weisheit 'man merkt die Absicht und ist verstimmt' bewahrheitet. In dem Falle wird der Journalist, bevor er ins verdiente Wochenende abtaucht, dass Dossier noch seinem Kollegen von der Sonntagszeitung weiter reichen. Das VBS hat die Meldung, dass gemäss einer angepassten Verordnung der Wachtdienst neu mit der scharfen Waffe geleistet werden müsse, als Routinemeldung im Januarloch verbreitet. Die Medien liessen sich nicht täuschen. Nach Wochen der Polemik und einigen ungewollten Schussabgaben war die Verordnung gestorben.

Natürlich liesse sich auch heute noch die Methode Ritschard anwenden. Keinen Verschönerungsverein ansetzen, sondern die Dinge so sagen, wie sie sind. Das vermittelt Glaubwürdigkeit und ist erst noch billiger. Nicht zu unterschätzen ist in solchen Fällen die Wirkung nach innen. All die Verschleierungstechniken führen dazu, dass auch firmenintern die Parole 'business as usual' wahrgenommen wird. Das kann durchaus fatal sein. Wer zu Schwächen und Fehlern steht, zeigt Stärke.

Benedikt Weibel