Kolumnen von Benedikt Weibel

Wie sag ich’s meinem Kinde

"Persönlich" 1. Februar 2019

Management ist einfach. Man muss mehr einnehmen als ausgeben. Oder weniger ausgeben als einnehmen. Was für jeden Haushalt klar ist, können viele Mitarbeitende in Unternehmungen schwer verstehen. Besonders in Medienunternehmen. Obwohl die Branche unter grösstem wirtschaftlichen Druck steht, werden Sparrunden oft von lautstarkem Protest begleitet.

Seit bald einem Jahr bin ich selber Verleger. Allerdings völlig unbeabsichtigt. Ich habe die „Republik“ abonniert, die mich seit ihrem Erscheinen als „Verleger“ anspricht - einer von 22'000. Verleger zu sein, führt zu einer neuen Erfahrung: Das Medium zieht mich in seine unternehmerischen Überlegungen ein, indem es mir eine Vorlage „Unser Plan – Ihr Plan“ schickt. Ausgangspunk ist die nüchterne Feststellung: Wenn nicht unternehmerisch gehandelt wird, ist das Unternehmen in absehbarer Zeit pleite. Dann wird mir erklärt, dass es vier Hebel gibt, um die langfristige Zukunft des Produkts zu erhalten: Die Erneuerungsrate von Mitgliedschaften, neue Mitgliedschaften, die Kosten und zusätzliche Investorinnen, die neue Mittel einschiessen.

Es folgt die nicht überraschende Feststellung, dass man an allen Parametern schrauben muss. Ziel ist, ein fokussierteres Produkt mit weniger Aufwand zu machen. Die Vorgaben sind anspruchsvoll, zum Beispiel eine Senkung der Kosten um 10 Prozent mit einer anschliessenden Plafonierung. Selbst mit diesem Szenario wäre die „Republik“ erst nach vier Jahren selbsttragend. Schliesslich gibt mir die „Republik“ die Möglichkeit, selber an den Parametern zu schrauben. Anhand eines Modells kann ich die Entwicklung der Liquidität grafisch verfolgen. Dabei wird deutlich, wie angespannt die Solvenz des Unternehmens ist.

Der Vorgang an sich ist in diesen Zeiten des Auf- und Umbruchs reichlich banal. Bemerkenswert ist die Transparenz und das Narrativ. Als bei der Schweizerischen Depeschenagentur Kostensenkungen angesagt waren, traten ihre Mitarbeitenden in den Streik. Was die „Republik“ in einem Artikel „Das Protokoll eines gescheiterten Streiks“ aufgearbeitet hat. Die Macher der „Republik“ haben daraus offensichtlich die Lehren gezogen. Sie stellen das Ziel in den Vordergrund, das Geschäftsmodell und das Produkt weiter zu entwickeln und langfristig stabil zu machen. Es gehe nicht um eine dramatische Beschreibung der Lage, sondern um ihre pragmatische Veränderung.

Die Ausführungen der „Republik“ lassen mich Schmunzeln. Da wird den Medienschaffenden ein Vokabular zugemutet, das sie in anderen Fällen als neoliberal diskreditieren. Hier wird es akzeptiert, weil es auf einer transparenten und überzeugenden Erzählung basiert. Was zeigt, was gute Kommunikation bewirkt. Nicht nur Verständnis. Am Schluss von „Unser Plan – Ihr Plan“ werde ich eingeladen, per Mausklick mein Engagement zu verlängern. Was ich umgehend getan habe.

Benedikt Weibel