Kolumnen von Benedikt Weibel

Unvergessliche Erlebnissee

"Wandermagazin SCHWEIZ" 1. Mai 2017

Jedes Erlebnis besteht aus den Phasen Zukunft, Gegenwart und Vergangenheit. Es beginnt mit der Planung. In der Gegenwart wird der Plan umgesetzt und dann wird das das Erlebnis in der Erinnerung abgespeichert. Über die Jahre wird unser Gedächtnisspeicher gefüllt und er beginnt zu selektionieren. Vieles wird verwischt, anderes gelöscht. Ich erinnere mich zwar noch an die die Bahnfahrt von Bern nach Peking, aber Einzelheiten sind meinem Gedächtnis entschwunden. Anders die grossen Bergtouren, die schon so lange zurückliegen, und doch erinnere ich mich noch an viele Einzelheiten, an Stimmungen und Gefühle. Oder die Fahrt mit dem Velo, zusammen mit meiner Frau, von Istanbul nach Bern. Da sehe ich noch jede der 37 Etappen vor meinem inneren Auge.

Wenn ich eine Pauschalreise buche, nimmt mir der Veranstalter die Planungsarbeit ab. Das spart Arbeit, kostet aber einen Teil des Erlebnisses und der Vorfreude. Ich liebe diese Vorbereitungen. Tourenbeschreibungen lesen, Führer und Kartenmaterial beschaffen, Checklisten über die notwendige Ausrüstung erstellen. Je intensiver diese Vorphase, desto unvergesslicher das Gesamterlebnis. Klettern hat mich fasziniert, weil sich die Welt auf die unmittelbare Umgebung reduziert. Man lebt vollständig in der Gegenwart. Beim Wandern und Velofahren haben wir hingegen unendlich viel Zeit zum Nachdenken. Auf dem Rad zwischen Bern und Istanbul haben wir unentwegt über über unsere Feinde reflektiert: die Lastwagen, Reisbusse und Wohnwagen. Uns immer wieder überlegt, ob bei einem Überholmanöver eher ein frontaler Zusammenstoss riskiert wird oder die Radfahrer geopfert werden. Man reflektiert dauernd über Strassenbreite, Fluchtwege und Beschaffenheit des Strassenrandes. Wenn man man am Ende des Tages eine Unterkunft gefunden hat, im Garten sitzt, den Durst mit einem kalten Bier löscht, dann ist die Welt in Ordnung. Unvergesslich!

Benedikt Weibel