Kolumnen von Benedikt Weibel
Das Gute liegt so nah
"persönlich" November 2008
Im Management gibt es Zusammenhänge, die den Gesetzen der Logik folgen.
Wenn gilt
a) Die Erhaltung eines Stammkunden kostet x;
und
b) Die Gewinnung einer Stammkundin kostet nx;
so folgt logisch zwingend
c) Die höchste Priorität hat die Erhaltung von Stammkunden.
Und doch wird immer wieder gegen diese Logik verstossen. Ich bin langjähriger Stammkunde beim grössten Telecom Unternehmen der Schweiz. Nie hatte ich das Gefühl, dass ich zur Kenntnis genommen werde. Keine Streicheleinheit, keine Aufmerksamkeit, kein Dank, nichts. Weiss dieses Unternehmen nicht, dass ich dauernd von ihren Konkurrenten bearbeitet werde?
Bei einer anderen grossen Schweizerischen Firma im Finanzbereich bin ich ein guter Stammkunde. Regelmässig habe ich für die dritte Säule einbezahlt. Heute habe ich den grössten Teil meiner Ersparnisse dort angelegt, sehr konservativ übrigens. Nun ist mir bewusst, dass es nicht gescheit war, alle Eier in den gleichen Korb zu legen. Ich bin in diesen schwierigen Zeiten leicht unruhig, wohl nicht als einziger Kunde dieser Firma. Es braucht wirklich nicht eine enorme Vorstellungskraft , um sich in die Haut der Kunden zu versetzen. Aber nichts, gar nichts passiert, kein Brief, kein Telefon...
Deshalb seien die drei goldenen Marketingregeln wieder einmal in Erinnerung gerufen.
1. Gewinnen Sie möglichst viele Stammkundinnen.
2. Pflegen Sie Ihre Stammkunden.
Im Zeitalter des CRM gibt es dafür unbegrenzte Möglichkeiten. Vor einiger Zeit war im Marketing das Konzept der "Kognitiven Dissonanz" gross in Mode. Es besagt, dass ein Konsument immer nach Bestätigung seines Kaufes sucht. Liefern Sie ihm die Argumente. Belohnen sie Kundentreue. Heute kann man erfahren, wenn eine Kundin zum zehnten Mal ihr Generalabonnement erneuert. Davon hätte man früher nicht geträumt. Geben Sie ihrem treuen Kunden einen speziellen Status, er wird stolz sein. Und dankt es Ihnen mit einer noch höheren Kundenbindung.
3. Verärgern Sie nie Ihre Stammkunden.
Je treuer eine Stammkundin, desto sensibler ist sie. Stammkunden spüren sofort, wenn irgendwo kleinlich gespart wird. Wenn in meinem Stammhotel plötzlich nicht mehr der ganz besondere regionale Bergkäse zum Frühstück serviert wird, sondern Edamer, dann ist das ein Grund, meine Stammkundschaft zu kündigen, für immer. Zügeln Sie die jungen, ungestümen Marketingprofis. Analytisch korrekt haben sie bewiesen, dass man den GA - Kunden keine Taschenagenda mehr abgeben sollte. Klar, die Bestellungen nehmen laufend ab, der logistische Aufwand ist erheblich. Wenn sich aber nur 1 % von 300 000 Kunden darüber ärgern und 10% davon einen Leserbrief schreiben und nochmals die Hälfte davon dem CEO einen Brief, dann haben Sie ein Problem. Und sehr schnell kriechen Sie zu Kreuze.
Es gibt wenige Dinge, die im Management so klar sind, wie der Grundsatz, dass man gegen die Logik nie verstossen sollte.
Benedikt Weibel