Kolumnen von Benedikt Weibel
The Daily Drucker
"Persönlich" 1. Dezember 2016
Es war ein nachhaltiges Geschenk. Das Buch enthält für jeden Tag einen Text des bedeutendsten Managementlehrers der Geschichte. Peter Drucker ist vor 11 Jahren hochbetagt verstorben. Sein Ruf gründet auf seinem Praxisbezug und einer knappen, klaren Sprache.
Ich begann, jeden Arbeitstag mit einer Lesung zu beginnen. Diese tägliche Reflexion wurde zu einem Ritual, das ich nicht mehr missen mochte. Jeden Text habe ich mehrere Male gelesen. Zu Beginn des Jahres immer wieder Integrity in Ledership. Bezeichnend, dass Drucker das Jahr mit einer Betrachtung über den Charakter einer Führungsperson beginnt. Es wirkt wie eine Warnung, wenn er lakonisch feststellt, dass die Menschen einer Organisation innert kürzester Zeit wahrnehmen, ob eine Chefin oder ein Chef integer ist oder nicht.
Ich lese den Drucker nicht mehr täglich. Aber ich nehme ihn immer wieder zur Hand und staune, wie zeitlos gültig seine Gedanken und Anregungen sind. Auch fordernd: Talk to one customer every day this week. Und er präzisiert: Businesses are not paid to reform customers. They are paid to satisfy customers. (Da hat er sich in den letzten Jahren wohl ein paarmal im Grab umgedreht.) Dem CEO macht er klar, dass die Fähigkeit zuzuhören die wichtigste Kompetenz ist: Listening is not a skill; it is a discipline. All you have to do is to keep your mouth shut. Das fällt einem CEO schwer. Seine Bemerkung über die Anpassungsfähigkeit von Organisationen war nie aktueller als heute: All organizations need to know that virtually no programm or activity will perform effectively for a long time without modifiction and redesign. Drucker empfiehlt, sich von der Vorstellung einer idealen Organisation zu verabschieden. Man solle aber nie den Grundsatz aus den Augen verlieren: Make the maximum use of the federal principle. Hat sich Drucker wohl je vorstellen können, wie sehr sich seine Befürchtungen in Bezug auf die Entlohnung von Managern bewahrheiten würden? Er hält die Anreizsysteme für gut gemeint, aber idiotisch (witch I have always considered an open invitation to mismanagement). Schliesslich widerspricht auch seine Vorstellung, wie ein eindrückliches Curriculum auszusehen hat, den Vorstellungen der Zunft: A performance record must include mistakes.
Wir erleben gerade wieder eine Zeit der Verkündung martialischer Kostensenkungsprogramme. Ihre Protagonisten haben den Daily Drucker nicht gelesen, sonst hätten sie seinen Ratschlag befolgt: Making cost-control permanent – cost control is not a matter of cost cutting but of cost prevention and that is an never ending task. „Kostensenken ist wie Fingernägel schneiden“, habe ich kürzlich gelesen. Wir warten ja auch nicht monatelang und starten dann eine Aktion Global Excellence for Fingernails.
Wenn es Ihnen zu viel ist, jeden Tag eine Drucker-Sentenz zu lesen, dann prägen Sie sich immerhin die wichtigste Maxime von Peter Drucker ein: Leadership is not rank, privilege, titles, or money, it is responability.
Benedikt Weibel