Kolumnen von Benedikt Weibel
8. März 1994
"SUVA – Kundenmgazin" 1. Juli 2016
Dieser Tag hat alles verändert. Anstatt im Sitzungszimmer der Generaldirektion der SBB befand ich mich im einem Polizeiwagen, der mich mit Blaulicht nach Zürich Affoltern fuhr. Mein erster Gedanken dort war: „so ist Krieg“. Überall Rauch und Flammen. Ein Zug mit Benzinwagen war inmitten von Hochhäusern explodiert. 500 Feuerwehrleute kämpften gegen die Flammen. Kilometer entfernt vom Unfallort flogen Dohlendeckel durch die Luft. Nur 13 Tage später wurde ich wieder an einen Schadenplatz gefahren. In Däniken drehte in Kran am Gleis just in dem Moment, als ein Personenzug passierte. Neun Menschen starben. Im Juni entgleiste mitten im Bahnhof Lausanne ein Güterzug, der hochgiftiges Chlorid geladen hatte. Die Innenstadt musste evakuiert werden. Im September kollidierte ein Zug auf einem Bahnübergang in Payerne mit einem Schulbus. Ein Mädchen kam ums Leben.
Es war die schlimmste Unfallserie in der Geschichte der SBB. In der Krise verengt sich das Blickfeld radikal. Es gibt nur ein Ziel: nie wieder. Sicherheit hat bei jeder Bahnunternehmung eine hohe Bedeutung, bei der SBB wurde sie zum alles beherrschenden Thema. Aufgrund der Vorfälle erstellten wir ein Programm. Zehn Projekte, von der Baustellensicherheit über die Abläufe beim Transport gefährlicher Güter bis zu Massnahmen gegen Entgleisungen. Die Eisenbahner waren damals wie heute bei der SUVA gegen Unfall versichert. Eine Versicherung gegen die Schäden solcher Grossereignisse hatte die SBB aber nie abgeschlossen. Schliesslich wusste man ja den Staat mit seiner unbegrenzten Liquidität hinter sich. 1994 brachte auch da ein Umdenken. Projekt 10 auf der Liste befasste sich mit den Möglichkeiten einer Versicherungsdeckung.
Für jedes Projekt trug der beste Fachmann die oberste Verantwortung. Wir setzten anspruchsvolle Ziele und einen engen Zeitrahmen. Jeden Monat leitete ich die Sitzung mit den Projektverantwortlichen. Und die Dinge begannen sich zu bewegen.
Benedikt Weibel