Kolumnen von Benedikt Weibel

Post-Holiday- Syndrom

"Wandermagazin SCHWEIZ" 27. Dezember 2016

Zwei Drittel der Ferienrückkehrer leiden angeblich daran. Endlich den Mühen des Alltags entronnen, reisen sie in die heiss ersehnten Ferien. Packen, Übergewicht beim Einchecken, der Flieger verspätet, Auseinandersetzungen über das Besuchsprogramm, die Harmonie im Familienverbund labil. Wieder zu Hause der Jetlag. Am Montag gleich die erste Sitzung, der Mailkasten übervoll. Am Donnerstag hat man das dringende Bedürfnis nach Urlaub. Aber die nächsten Ferien sind zu weit weg, als dass man sich schon darauf freuen könnte. Das Post- Holiday-Syndrom hat zugeschlagen. Hinter ihm wartet das Gespenst des Burnout.

Im Sport gilt eine ultimative Formel: Ohne Stress kein Wachstum - ohne Erholung kein Wachstum. Der Wechsel von Anspannung und Entspannung ist der Schlüssel zur Leistungssteigerung. Erholung ist ebenso wichtig wie das Training. Erholung muss man lernen und planen. Gleichförmigkeit ist Gift. Nicht nur im Sport. Die Versuchungen der Freizeitindustrie sind gross. Wer ihnen unreflektiert nachgibt, ersetzt Stress am Arbeitsplatz durch Freizeitstress. Wenn man begriffen hat, wie wichtig die Erholung ist, geht man die Wochenend- und Ferienplanung anders an. Man stellt den Erholungswert ins Zentrum der Überlegungen. Man wird sich bewusst, dass man mit seinen kleinen Kindern nicht um den halben Erdballfliegen muss, um unvergessliche Tage zu erleben. Vielleicht lernt man auch, dass eine schöne Wanderung für Körper und Geist so erfrischend ist, dass man am Montag voller Energie wieder in den Alltag steigt. Nicht vorenthalten will ich Ihnen das Rezept des Psychologen, der zum Post-Holiday- Syndrom befragt wurde: Man soll in den Ferien ein anderes Shampoo benutzen als im Alltag. Wenn man vom Syndrom befallen wird, greift man wieder zu diesem Shampoo. Man beginnt in Erinnerungen zu schwelgen und die Verstimmung ist weg ...

Benedikt Weibel